Archiv der Kategorie: Lästerliches

Jetzt gratis kniffeln! Oder: Werbung knapp am Kontext vorbei

Da setzte sogar meine Banner-Blindheit kurzzeitig aus. Die kontextsensitive Google-Werbung auf Myspace zeigte mir bei der Myspace-Seite meiner ehemaligen Progressivrock-Band „Chaotic“ mit der URL www.myspace.com/kniffelrock artig Werbung für eine Online-Kniffelrunde an. Soweit, dass ich draufklickte, hat sie mich dann aber doch nicht gebracht.

Hmmm… beim nächsten Reload kam „Schnell 5 Kilo abnehmen“ — war das wegen der „fetten Beats“?

Falsche Bank-Noten

Ich gebe zu: ich habe einen Bausparvertrag. Schließlich hat mich doch der freundliche ältere Herr in dem Werbespot damals überzeugt, und seitdem pfeife ich oft und gerne unter der Dusche den Jingle meiner Bausparkasse, welchen ich auswendig kann, so dass ich dazu keinem Notenmaterial bedarf, was unter der Dusche ohne Brille eh schwierig zu lesen wäre.

Ahnend, dass es unter ihrem Klientel auch weniger musikalisch veranlagte Anleger gibt, druckt die Bausparkasse nun freundlicherweise auf ihren Briefumschlägen das Notenmaterial ab:

Dies finde ich einen netten Zug, und ich nehme an, dass auch die urheberrechtlichen Fragen bei einer Verbreitung des Notentextes von mehreren Millionen Briefen im Jahr geklärt sind.

Um so entsetzter war ich, dass ich beim Nachsingen feststellen musste, dass die abgedruckten Noten total falsch sind! Ich fühle eine Pflicht als Bausparer mit musikalischer Grundbildung, dies hier für andere Bausparer richtig zu stellen. Legen wir also los:

Um einen besseren Überblick zu bekommen, schreiben wir die Noten zunächst einmal in eine Zeile. Damit beheben wir auch die unglückliche und unübliche Zeilentrennung mitten im Takt:

Das erste Mal stutzig werden wir beim Fis in Takt 2. Dieser als Vorhalt auf das nachfolgende G gemeinte Ton ist in unserer Erinnerung im Original nicht vorhanden, aber kompositorisch durchaus logisch. Nicht logisch sind jedoch die Anzahl von fünf Viertelnoten in selben Takt, zumal am Zeilenanfang der Takt mit 4/4 vorgegeben ist. Zunächst vermuten wir, dass das A (letzte Viertelnote) überflüssig ist. Da jedoch im Folgetakt eine zwar unvermutete aber explizit notierte vorgezogene Achtel steht, schließen wir daraus, dass auch in Takt 2 hier die letzten beiden Viertel in Wahrheit Achtelnoten sein sollen. Diese im Original nicht vorgesehenen Synkopen (vgl. hierzu den Klingelton direkt beim Anbieter) sollen vermutlich dem etwas angestaubten Jingle eine rockige Note geben, nun gut. Aber falsch notiert ist falsch notiert. Wir korrigieren:

In Takt 3 verwirrt uns, dass der Text nicht stimmig mit den Noten gesetzt wurde. Das „ein“ gehört nicht zum D, sondern zum E davor — dies wäre nicht so aufgefallen, wäre nicht auf dem Poststempel hier unglücklich die Zeile getrennt worden. Nun gut, es geht weiter. Wir tolerieren die besagte Synkope und stolpern abermals über eine unkorrekte Taktzahl in Takt 3. Hier befindet sich nur eine Viertel- und eine 3/8-Note, welche zusammen wiederum nicht 4/4 ergeben. Wir singen den Jingle aus dem Gedächtnis nach und korrigieren die 3/8-Note in eine 3/4-Note (dies passt stilistisch zu den vorgezogenen Achteln, obwohl das Original wohlgemerkt hier eher ganz straight zwei halbe Noten vorsieht).

Zu guter Letzt nehmen wir eine weitere Korrektur des Lyrics-Satzes vor, da das „B“ von „LBS“ nicht auf dem F (Was für ein F eigentlich? Dies ergibt zwar als Vorhalt auf das G im Folgetakt durchaus Sinn, ist uns aber in unserer langen Werbefunkzeit noch nie untergekommen! Wir akzeptieren es wiederum, da wir in dieser Stelle nicht in die eigentliche Komposition eingreifen wollen, sondern lediglich das offenbar unsaubere Lektorat des vorhandenen Notentextes nachholen wollen) gesungen wird, sondern auf dem davor notierten D. Einen raschen End-Taktstrich hinzugefügt, finden wir nun den folgenden Notentext:

So, nun können wir gemeinsam mit dem Briefträger in Freude auf die nahende Zuteilungsreife unseres Bausparvertrags das Lied direkt vom Briefumschlag absingen. Für die etwas Konservativeren unter Ihnen (öh… gibt es eigentlich nichtkonservative Bausparer?) hier noch einmal der Notentext in der klassischen, nicht-verrockten Version. Und jetzt alle!

Nur nicht zuviel versprechen!

Ich verstehe ja nichts vom Tabakanbau, aber ich erkenne ein verzweifeltes Alleinstellungs­merkmal wenn ich eines sehe. Nicht nur, dass dieser Rauchwarenfabrikant meines­erachtens etwas übertrieben auf die Werbetrommel haut mit der Ankündigung, seine Gewächse zwei lumpige Tage länger (als wer?) reifen zu lassen. Nein, auch gilt dies explizit nur für einen Teil (wie groß?) der Pflänzchen.

Gegenprobe: wenn man durch diese begrenzt beherzte Maßnahme das Aroma der Zippen dermaßen turbomäßig verbessern kann, warum lassen sie nicht einfach alles zwei Tage mehr an der Sonne und machen ihre Glimmstengel durch diese vergleichsweise einfache Maßnahme zum Verkaufsrenner?

Praktikanten gestalten Plakate

Habe heute bei einer Fahrt in der Hamburger S-Bahn meinen bisherigen Spitzenreiter misslungener Plakatkommunikation gesehen, der sich nunmehr seit ca. 10 Jahren einen festen Platz in der Nahverkehrswerbung erarbeitet hat. Er gehört zu einem lokalen Möbelhaus, welches sich auf „Dreh-Bettsofas“ (hässliche Altersheimangurtbetten mit Knarzmechanik) und eben den hier feilgebotenen Entspannungssessel „Lazy-Boy“ (Original-Produktname) spezialisiert hat.

Das Plakat zeigt einen aus einem unterbelichteten Foto schlecht freigestellten Sessel, und daneben drei ebenso schlecht freigestellte Welpen (aus einem anderen Foto mit anderem Winkel beleuchtet), deren sachlicher Zusammenhang unklar bleibt. Aber der Hammer ist die Sprechblase, welche an einen (offenbar gähnenden) der drei Welpen drangepfriemelt wurde, und welche den 1A-Satz enthält „Fragen Sie nach preisreduzierten Auslaufmodellen“!

Ein Welpe fordert mich also in umständlichem Amtsdeutsch auf, mich bei der Firma nach günstigen Vorjahressesseln zu erkundigen! Dies, unterstützt durch die unbeholfene restliche Plakatgestaltung mit ihrem preisverdächtigen Wording („Lazy-Boy schafft auch drei. Warum???“), strahlt auf mich eine Resopaltischtristesse aus, die mich früher oder später einmal in den besagten Möbelladen treiben wird, um gemeinsam mit dem Geschäftsführer das seit Jahren stagnierende Entspannungssessel- und Dreh-Bettsofageschäft zu beweinen.

Bis dahin: Fragen Sie nach preisreduzierten Auslaufmodellen.

Bleibt alles anders

Man meint es heute gut mit mir: ich darf mich amüsieren darüber, dass wieder einmal ein Hersteller den Spagat zwischen Innovation und kundenerhaltener Beständigkeit nur mit schwerer textueller Muskelzerrung geschafft hat. Auf der Packung der heute an der Tanke erworbenen Knabbermischung „Maxi-Mix“ (oder so) prangt an der Ecke mit dem Öffnungs­schniepel die Super-Botschaft „NEU — Lecker wie immer“!

Ob Salzkräcker soviel Revolution vertragen?